Iphigenie auf Tauris :: Гете Иоганн Вольфганг
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Du hast hier nichts getan seit deiner Ankunft? Wer hat des Königs trüben Sinn erheitert? Wer hat den alten grausamen Gebrauch, Daß am Altar Dianens jeder Fremde Sein Leben blutend läßt, von Jahr zu Jahr Mit sanfter Überredung aufgehalten Und die Gefangnen vom gewissen Tod Ins Vaterland so oft zurückgeschickt? Hat nicht Diane, statt erzürnt zu sein, Daß sie der blut'gen alten Opfer mangelt, Dein sanft Gebet in reichem Maß erhört? Umschwebt mit frohem Fluge nicht der Sieg Das Heer? und eilt er nicht sogar voraus? Und fühlt nicht jeglicher ein besser Los, Seitdem der König, der uns weis' und tapfer So lang geführet, nun sich auch der Milde In deiner Gegenwart erfreut und uns Des schweigenden Gehorsams Pflicht erleichtert? Das nennst du unnütz, wenn von deinem Wesen Auf Tausende herab ein Balsam träufelt? Wenn du dem Volke, dem ein Gott dich brachte, Des neuen Glückes ew'ge Quelle wirst Und an dem unwirtbaren Todesufer Dem Fremden Heil und Rückkehr zubereitest? Iphigenie: Das Wenige verschwindet leicht dem Blick, Der vorwärts sieht, wie viel noch übrigbleibt. Arkas: Doch lobst du den, der, was er tut, nicht schätzt? Iphigenie: Man tadelt den, der seine Taten wägt. Arkas: Auch den, der wahren Wert zu stolz nicht achtet, Wie den, der falschen Wert zu eitel hebt. Glaub mir und hör auf eines Mannes Wort, Der treu und redlich dir ergeben ist: Wenn heut der König mit dir redet, so Erleichtr ihm, was er dir zu sagen denkt. Iphigenie: Du ängstest mich mit jedem guten Worte; Oft wich ich seinem Antrag mühsam aus. Arkas: Bedenke, was du tust und was dir nützt. Seitdem der König seinen Sohn verloren, Vertraut er wenigen der Seinen mehr, Und diesen wenigen nicht mehr wie sonst. Mißgünstig sieht er jedes Edlen Sohn Als seines Reiches Folger an, er fürchtet Ein einsam hülflos Alter, ja vielleicht Verwegnen Aufstand und frühzeit'gen Tod. Der Skythe setzt ins Reden keinen Vorzug, Am wenigsten der König. Er, der nur Gewohnt ist, zu befehlen und zu tun, Kennt nicht die Kunst, von weitem ein Gespräch Nach seiner Absicht langsam fein zu lenken. Erschwer's ihm nicht durch ein rückhaltend Weigern, Durch ein vorsätzlich Mißverstehen. Geh Gefällig ihm den halben Weg entgegen. Iphigenie: Soll ich beschleunigen, was mich bedroht? Arkas: Willst du sein Werben eine Drohung nennen? Iphigenie: Es ist die schrecklichste von allen mir. Arkas: Gib ihm für seine Neigung nur Vertraun. Iphigenie: Wenn er von Furcht erst meine Seele löst. Arkas: Warum verschweigst du deine Herkunft ihm? Iphigenie: Weil einer Priesterin Geheimnis ziemt. Arkas: Dem König sollte nichts Geheimnis sein; Und ob er's gleich nicht fordert, fühlt er's doch Und fühlt es tief in seiner großen Seele, Daß du sorgfältig dich vor ihm verwahrst. Iphigenie: Nährt er Verdruß und Unmut gegen mich? Arkas: So scheint es fast. Zwar schweigt er auch von dir; Doch haben hingeworfne Worte mich Belehrt, daß seine Seele fest den Wunsch Ergriffen hat, dich zu besitzen. Laß, O überlaß ihn nicht sich selbst! damit In seinem Busen nicht der Unmut reife Und dir Entsetzen bringe, du zu spät An meinen treuen Rat mit Reue denkest. Iphigenie: Wie? Sinnt der König, was kein edler Mann, Der seinen Namen liebt und dem Verehrung Der Himmlischen den Busen bändiget, Je denken sollte? Sinnt er, vom Altar Mich in sein Bette mit Gewalt zu ziehn? So ruf ich alle Götter und vor allen Dianen, die entschloßne Göttin, an, Die ihren Schutz der Priesterin gewiß Und Jungfrau einer Jungfrau gern gewährt. Arkas: Sei ruhig! Ein gewaltsam neues Blut Treibt nicht den König, solche Jünglingstat Verwegen auszuüben. Wie er sinnt, Befürcht ich andern harten Schluß von ihm, Den unaufhaltbar er vollenden wird: Denn seine Seel ist fest und unbeweglich. Drum bitt ich dich, vertrau ihm, sei ihm dankbar, Wenn du ihm weiter nichts gewähren kannst. Iphigenie: O sage, was dir weiter noch bekannt ist! Arkas: Erfahr's von ihm. Ich seh den König kommen; Du ehrst ihn, und dich heißt dein eigen Herz, Ihm freundlich und vertraulich zu begegnen. Ein edler Mann wird durch ein gutes Wort Der Frauen weit geführt. Iphigenie allein: Zwar seh ich nicht, Wie ich dem Rat des Treuen folgen soll; Doch folg ich gern der Pflicht, dem Könige Für seine Wohltat gutes Wort zu geben, Und wünsche mir, daß ich dem Mächtigen, Was ihm gefällt, mit Wahrheit sagen möge. Dritter Auftritt Iphigenie. Thoas. Iphigenie: Mit königlichen Gütern segne dich Die Göttin! Sie gewähre Sieg und Ruhm Und Reichtum und das Wohl der Deinigen Und jedes frommen Wunsches Fülle dir! Daß, der du über viele sorgend herrschest, Du auch vor vielen seltnes Glück genießest. Thoas: Zufrieden wär ich, wenn mein Volk mich rühmte: Was ich erwarb, genießen andre mehr Als ich. Der ist am glücklichsten, er sei Ein König oder ein Geringer, dem In seinem Hause Wohl bereitet ist. Du nahmest teil an meinen tiefen Schmerzen, Als mir das Schwert der Feinde meinen Sohn, Den letzten, besten, von der Seite riß. Solang die Rache meinen Geist besaß, Empfand ich nicht die Öde meiner Wohnung; Doch jetzt, da ich befriedigt wiederkehre, Ihr Reich zerstört, mein Sohn gerochen ist, Bleibt mir zu Hause nichts, das mich ergetze. Der fröhliche Gehorsam, den ich sonst Aus einem jeden Auge blicken sah, Ist nun von Sorg' und Unmut still gedämpft. Ein jeder sinnt, was künftig werden wird, Und folgt dem Kinderlosen, weil er muß. Nun komm ich heut in diesen Tempel, den Ich oft betrat, um Sieg zu bitten und Für Sieg zu danken. Einen alten Wunsch Trag ich im Busen, der auch dir nicht fremd Noch unerwartet ist: ich hoffe, dich Zum Segen meines Volks und mir zum Segen Als Braut in meine Wohnung einzuführen. Iphigenie: Der Unbekannten bietest du zu viel, O König, an. Es steht die Flüchtige Beschämt vor dir, die nichts an diesem Ufer Als Schutz und Ruhe sucht, die du ihr gabst. Thoas: Daß du in das Geheimnis deiner Ankunft Vor mir wie vor dem Letzten stets dich hüllest, Wär unter keinem Volke recht und gut. Dies Ufer schreckt die Fremden: das Gesetz Gebietet's und die Not. Allein von dir, Die jedes frommen Rechts genießt, ein wohl Von uns empfangner Gast, nach eignem Sinn Und Willen ihres Tages sich erfreut, Von dir hofft ich Vertrauen, das der Wirt Für seine Treue wohl erwarten darf. Iphigenie: Verbarg ich meiner Eltern Namen und Mein Haus, o König, war's Verlegenheit, Nicht Mißtraun. Denn vielleicht, ach wüßtest du, Wer vor dir steht und welch verwünschtes Haupt Du nährst und schützest: ein Entsetzen faßte Dein großes Herz mit seltnem Schauer an, Und statt die Seite deines Thrones mir Zu bieten, triebest du mich vor der Zeit Aus deinem Reiche; stießest mich vielleicht, Eh zu den Meinen frohe Rückkehr mir Und meiner Wandrung Ende zugedacht ist, Dem Elend zu, das jeden Schweifenden, Von seinem Haus Vertriebnen überall Mit kalter, fremder Schreckenshand erwartet. |
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