Iphigenie auf Tauris :: Гете Иоганн Вольфганг
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Schon
In diesen heil'gen Hain wagt keine sich. Orest: So hab ich wenigstens geruh'gen Tod. Pylades: Ganz anders denk ich, und nicht ungeschickt Hab ich das schon Geschehne mit dem Künft'gen Verbunden und im stillen ausgelegt. Vielleicht reift in der Götter Rat schon lange Das große Werk. Diana sehnet sich Von diesem rauhen Ufer der Barbaren Und ihren blut'gen Menschenopfern weg. Wir waren zu der schönen Tat bestimmt, Uns wird sie auferlegt, und seltsam sind Wir an der Pforte schon gezwungen hier. Orest: Mit seltner Kunst flichtst du der Götter Rat Und deine Wünsche klug in eins zusammen. Pylades: Was ist des Menschen Klugheit, wenn sie nicht Auf jener Willen droben achtend lauscht? Zu einer schweren Tat beruft ein Gott Den edeln Mann, der viel verbrach, und legt Ihm auf, was uns unmöglich scheint, zu enden. Es siegt der Held, und büßend dienet er Den Göttern und der Welt, die ihn verehrt. Orest: Bin ich bestimmt, zu leben und zu handeln, So nehm ein Gott von meiner schweren Stirn Den Schwindel weg, der auf dem schlüpfrigen, Mit Mutterblut besprengten Pfade fort Mich zu den Toten reißt. Er trockne gnädig Die Quelle, die, mir aus der Mutter Wunden Entgegensprudelnd, ewig mich befleckt. Pylades: Erwart es ruhiger! Du mehrst das Übel Und nimmst das Amt der Furien auf dich. Laß mich nur sinnen, bleibe still! Zuletzt, Bedarf's zur Tat vereinter Kräfte, dann Ruf ich dich auf, und beide schreiten wir Mit überlegter Kühnheit zur Vollendung. Orest: Ich hör Ulyssen reden! Pylades: Spotte nicht! Ein jeglicher muß seinen Helden wählen, Dem er die Wege zum Olymp hinauf Sich nacharbeitet. Laß es mich gestehn: Mir scheinen List und Klugheit nicht den Mann Zu schänden, der sich kühnen Taten weiht. Orest: Ich schätze den, der tapfer ist und grad. Pylades: Drum hab ich keinen Rat von dir verlangt. Schon ist ein Schritt getan. Von unsern Wächtern Hab ich bisher gar vieles ausgelockt. Ich weiß, ein fremdes, göttergleiches Weib Hält jenes blutige Gesetz gefesselt: Ein reines Herz und Weihrauch und Gebet Bringt sie den Göttern dar. Man rühmet hoch Die Gütige; man glaubet, sie entspringe Vom Stamm der Amazonen, sei geflohn, Um einem großen Unheil zu entgehn. Orest: Es scheint, ihr lichtes Reich verlor die Kraft Durch des Verbrechers Nähe, den der Fluch Wie eine breite Nacht verfolgt und deckt. Die fromme Blutgier löst den alten Brauch Von seinen Fesseln los, uns zu verderben. Der wilde Sinn des Königs tötet uns; Ein Weib wird uns nicht retten, wenn er zürnt. Pylades: Wohl uns, daß es ein Weib ist! denn ein Mann, Der beste selbst, gewöhnet seinen Geist An Grausamkeit und macht sich auch zuletzt Aus dem, was er verabscheut, ein Gesetz, Wird aus Gewohnheit hart und fast unkenntlich. Allein ein Weib bleibt stet auf einem Sinn, Den sie gefaßt. Du rechnest sicherer Auf sie im Guten wie im Bösen. — Still! Sie kommt; laß uns allein. Ich darf nicht gleich Ihr unsre Namen nennen, unser Schicksal Nicht ohne Rückhalt ihr vertraun. Du gehst, Und eh sie mit dir spricht, treff ich dich noch. Zweiter Auftritt Iphigenie. Pylades. Iphigenie: Woher du seist und kommst, o Fremdling, sprich! Mir scheint es, daß ich eher einem Griechen Als einem Skythen dich vergleichen soll. Sie nimmt ihm die Ketten ab. Gefährlich ist die Freiheit, die ich gebe; Die Götter wenden ab, was euch bedroht! Pylades: O süße Stimme! Vielwillkommner Ton Der Muttersprach in einem fremden Lande! Des väterlichen Hafens blaue Berge Seh ich Gefangner neu willkommen wieder Vor meinen Augen. Laß dir diese Freude Versichern, daß auch ich ein Grieche bin! Vergessen hab ich einen Augenblick, Wie sehr ich dein bedarf, und meinen Geist Der herrlichen Erscheinung zugewendet. O sage, wenn dir ein Verhängnis nicht Die Lippe schließt, aus welchem unsrer Stämme Du deine göttergleiche Herkunft zählst. Iphigenie: Die Priesterin, von ihrer Göttin selbst Gewählet und geheiligt, spricht mit dir. Das laß dir gnügen; sage, wer du seist Und welch unselig waltendes Geschick Mit dem Gefährten dich hierhergebracht. Pylades: Leicht kann ich dir erzählen, welch ein Übel Mit lastender Gesellschaft uns verfolgt. O könntest du der Hoffnung frohen Blick Uns auch so leicht, du Göttliche, gewähren! Aus Kreta sind wir, Söhne des Adrasts: Ich bin der jüngste, Cephalus genannt, Und er Laodamas, der älteste Des Hauses. Zwischen uns stand rauh und wild Ein mittlerer und trennte schon im Spiel Der ersten Jugend Einigkeit und Lust. Gelassen folgten wir der Mutter Worten, Solang des Vaters Kraft vor Troja stritt; Doch als er beutereich zurücke kam Und kurz darauf verschied, da trennte bald Der Streit um Reich und Erbe die Geschwister. Ich neigte mich zum ältsten. Er erschlug Den Bruder Um der Blutschuld willen treibt Die Furie gewaltig ihn umher. Doch diesem wilden Ufer sendet uns Apoll, der Delphische, mit Hoffnung zu. Im Tempel seiner Schwester hieß er uns Der Hülfe segensvolle Hand erwarten. Gefangen sind wir und hierhergebracht Und dir als Opfer dargestellt. Du weißt's. Iphigenie: Fiel Troja? Teurer Mann, versichr es mir. Pylades: Es liegt. O sichre du uns Rettung zu! Beschleunige die Hülfe, die ein Gott Versprach. Erbarme meines Bruders dich. O sag ihm bald ein gutes, holdes Wort; Doch schone seiner, wenn du mit ihm sprichst, Das bitt ich eifrig: denn es wird gar leicht Durch Freud und Schmerz und durch Erinnerung Sein Innerstes ergriffen und zerrüttet. Ein fieberhafter Wahnsinn fällt ihn an, Und seine schöne freie Seele wird Den Furien zum Raube hingegeben. Iphigenie: So groß dein Unglück ist, beschwör ich dich: Vergiß es, bis du mir genuggetan. Pylades: Die hohe Stadt, die zehen lange Jahre Dem ganzen Heer der Griechen widerstand, Liegt nun im Schutte, steigt nicht wieder auf. Doch manche Gräber unsrer Besten heißen Uns an das Ufer der Barbaren denken. Achill liegt dort mit seinem schönen Freunde. Iphigenie: So seid ihr Götterbilder auch zu Staub! Pylades: Auch Palamedes, Ajax Telamons, Sie sahn des Vaterlandes Tag nicht wieder. Iphigenie: Er schweigt von meinem Vater, nennt ihn nicht Mit den Erschlagnen. Ja! er lebt mir noch! Ich werd ihn sehn. |
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