Iphigenie auf Tauris :: Гете Иоганн Вольфганг
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O hoffe, liebes Herz!
Pylades: Doch selig sind die Tausende, die starben Den bittersüßen Tod von Feindes Hand! Denn wüste Schrecken und ein traurig Ende Hat den Rückkehrenden statt des Triumphs Ein feindlich aufgebrachter Gott bereitet. Kommt denn der Menschen Stimme nicht zu euch? So weit sie reicht, trägt sie den Ruf umher Von unerhörten Taten, die geschahn. So ist der Jammer, der Mykenens Hallen Mit immer wiederholten Seufzern füllt, Dir ein Geheimnis? — Klytämnestra hat Mit Hülf Ägisthens den Gemahl berückt, Am Tage seiner Rückkehr ihn ermordet! — Ja, du verehrest dieses Königs Haus! Ich seh es, deine Brust bekämpft vergebens Das unerwartet ungeheure Wort. Bist du die Tochter eines Freundes? bist Du nachbarlich in dieser Stadt geboren? Verbirg es nicht und rechne mir's nicht zu, Daß ich der erste diese Greuel melde. Iphigenie: Sag an, wie ward die schwere Tat vollbracht? Pylades: Am Tage seiner Ankunft, da der König, Vom Bad erquickt und ruhig, sein Gewand Aus der Gemahlin Hand verlangend, stieg, Warf die Verderbliche ein faltenreich Und künstlich sich verwirrendes Gewebe Ihm auf die Schultern, um das edle Haupt; Und da er wie von einem Netze sich Vergebens zu entwickeln strebte, schlug Ägisth ihn, der Verräter, und verhüllt Ging zu den Toten dieser große Fürst. Iphigenie: Und welchen Lohn erhielt der Mitverschworne? Pylades: Ein Reich und Bette, das er schon besaß. Iphigenie: So trieb zur Schandtat eine böse Lust? Pylades: Und einer alten Rache tief Gefühl. Iphigenie: Und wie beleidigte der König sie? Pylades: Mit schwerer Tat, die, wenn Entschuldigung Des Mordes wäre, sie entschuldigte. Nach Aulis lockt' er sie und brachte dort, Als eine Gottheit sich der Griechen Fahrt Mit ungestümen Winden widersetzte, Die ältste Tochter, Iphigenien, Vor den Altar Dianens, und sie fiel, Ein blutig Opfer, für der Griechen Heil. Dies, sagt man, hat ihr einen Widerwillen So tief ins Herz geprägt, daß sie dem Werben Ägisthens sich ergab und den Gemahl Mit Netzen des Verderbens selbst umschlang. Iphigenie sich verhüllend: Es ist genug. Du wirst mich wiedersehn. Pylades allein: Von dem Geschick des Königshauses scheint Sie tief gerührt. Wer sie auch immer sei, So hat sie selbst den König wohl gekannt Und ist, zu unserm Glück, aus hohem Hause Hierher verkauft. Nur stille, liebes Herz, Und laß dem Stern der Hoffnung, der uns blinkt, Mit frohem Mut uns klug entgegensteuern. Dritter Aufzug Erster Auftritt Iphigenie. Orest. Iphigenie: Unglücklicher, ich löse deine Bande Zum Zeichen eines schmerzlichern Geschicks. Die Freiheit, die das Heiligtum gewährt, Ist, wie der letzte lichte Lebensblick Des schwer Erkrankten, Todesbote. Noch Kann ich es mir und darf es mir nicht sagen, Daß ihr verloren seid! Wie könnt ich euch Mit mörderischer Hand dem Tode weihen? Und niemand, wer es sei, darf euer Haupt, Solang ich Priesterin Dianens bin, Berühren. Doch verweigr ich jene Pflicht, Wie sie der aufgebrachte König fordert, So wählt er eine meiner Jungfraun mir Zur Folgerin, und ich vermag alsdann Mit heißem Wunsch allein euch beizustehn. O werter Landsmann! Selbst der letzte Knecht, Der an den Herd der Vatergötter streifte, Ist uns in fremdem Lande hoch willkommen: Wie soll ich euch genug mit Freud und Segen Empfangen, die ihr mir das Bild der Helden, Die ich von Eltern her verehren lernte, Entgegenbringet und das innre Herz Mit neuer, schöner Hoffnung schmeichelnd labet! Orest: Verbirgst du deinen Namen, deine Herkunft Mit klugem Vorsatz? oder darf ich wissen, Wer mir, gleich einer Himmlischen, begegnet? Iphigenie: Du sollst mich kennen. Jetzo sag mir an, Was ich nur halb von deinem Bruder hörte, Das Ende derer, die, von Troja kehrend, Ein hartes, unerwartetes Geschick Auf ihrer Wohnung Schwelle stumm empfing. Zwar ward ich jung an diesen Strand geführt; Doch wohl erinnr ich mich des scheuen Blicks, Den ich mit Staunen und mit Bangigkeit Auf jene Helden warf. Sie zogen aus, Als hätte der Olymp sich aufgetan Und die Gestalten der erlauchten Vorwelt Zum Schrecken Ilions herabgesendet, Und Agamemnon war vor allen herrlich! O sage mir! er fiel, sein Haus betretend, Durch seiner Frauen und Ägisthens Tücke? Orest: Du sagst's! Iphigenie: Weh dir, unseliges Myken! So haben Tantals Enkel Fluch auf Fluch Mit vollen, wilden Händen ausgesät. Und, gleich dem Unkraut, wüste Häupter schüttelnd Und tausendfält'gen Samen um sich streuend, Den Kindeskindern nahverwandte Mörder Zur ew'gen Wechselwut erzeugt! Enthülle, Was von der Rede deines Bruders schnell Die Finsternis des Schreckens mir verdeckte. Wie ist des großen Stammes letzter Sohn, Das holde Kind, bestimmt, des Vaters Rächer Dereinst zu sein, wie ist Orest dem Tage Des Bluts entgangen? Hat ein gleich Geschick Mit des Avernus Netzen ihn umschlungen? Ist er gerettet? Lebt er? Lebt Elektra? Orest: Sie leben. Iphigenie: Goldne Sonne, leihe mir Die schönsten Strahlen, lege sie zum Dank Vor Jovis Thron! denn ich bin arm und stumm. Orest: Bist du gastfreundlich diesem Königshause, Bist du mit nähern Banden ihm verbunden, Wie deine schöne Freude mir verrät, So bändige dein Herz und halt es fest! Denn unerträglich muß dem Fröhlichen Ein jäher Rückfall in die Schmerzen sein. Du weißt nur, merk ich, Agamemnons Tod. Iphigenie: Hab ich an dieser Nachricht nicht genug? Orest: Du hast des Greuels Hälfte nur erfahren. Iphigenie: Was fürcht ich noch? Orest, Elektra leben. Orest: Und fürchtest du für Klytämnestren nichts? Iphigenie: Sie rettet weder Hoffnung, weder Furcht. Orest: Auch schied sie aus dem Land der Hoffnung ab. Iphigenie: Vergoß sie reuig wütend selbst ihr Blut? Orest: Nein, doch ihr eigen Blut gab ihr den Tod. Iphigenie: Sprich deutlicher, daß ich nicht länger sinne. Die Ungewißheit schlägt mir tausendfältig Die dunkeln Schwingen um das bange Haupt. Orest: So haben mich die Götter ausersehn Zum Boten einer Tat, die ich so gern Ins klanglos-dumpfe Höhlenreich der Nacht Verbergen möchte? Wider meinen Willen Zwingt mich dein holder Mund; allein er darf Auch etwas Schmerzlichs fordern und erhält's. Am Tage, da der Vater fiel, verbarg Elektra rettend ihren Bruder: Strophius, Des Vaters Schwäher, nahm ihn willig auf, Erzog ihn neben seinem eignen Sohne, Der, Pylades genannt, die schönsten Bande Der Freundschaft um den Angekommnen knüpfte. |
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